Ich schreibe meine Bachelor-Arbeit zum Thema „What is this thing called practice?“ – also wie lässt sich möglichst effektiv üben. Hier möchte ich immer mal wieder ein paar spannende Ideen mit euch teilen. Diesmal: Der Penelope Effekt.
Kann man eigentlich zu viel üben ? Reflexartig kamen mir bei dieser Frage erstmals die zahlreichen Sprichwörter à la „besser zu viel, als zu wenig“ in den Sinn. Aber lässt sich das auch so auf das instrumentalen Üben übertragen ?
Wie lernt man eigentlich?
Vereinfacht gesagt lernt der Körper in drei verschiedenen Schritten.
Zunächst wird mithilfe des Gehörs und der Körperwahrnehmung ein noch grober und fehlerhafter Entwurf eines Bewegungsmusters erstellt. In diesem Stadium nutzt der Körper viel zu viele Muskelgruppen – sprich die Bewegung ist unökonomisch und unkoordiniert. Erst in der zweiten Phase verbessert sich diese Kontrolle und der Körper lernt, welche Muskelgruppen tatsächlich notwendig für die korrekte Ausführung sind. Der Arzt und Musiker Eckart Altenmüller beschreibt diesen Punkt ganz pragmatisch mit „Lernen durch Tun“.
Während in den ersten beiden Phasen die Bewegung noch stets unter der Kontrolle der Sinnesorgane vollzogen wird, so setzt in der dritten Phase schließlich der Prozess der Automatisierung ein. Die Bewegung ist nun endlich im Bewegungsgedächtnis verankert und kann somit nun mit großer Geschwindigkeit ausgeführt werden.
„Überüben?“
Vor allem aus der Sportwissenschaft weiß man, dass es einen Sweet-Spot beim Trainieren gibt. Trainiert man über diesem – sprich „überübt“ man – steigert sich die Leistung nicht mehr, sondern wird im Gegenteil, eher sogar wieder schlechter. In Anlehnung an Penelope, die Frau des Odysseus, die jeden Abend ihr Tagewerk selbst wieder zerstörte, taufte Altenmüller diesen Effekt „Penelope-Effekt„.
Die Hintergründe sind leider noch nicht weitgehend erforscht. Man vermutet allerdings, dass durch die nachlassende Aufmerksamkeit, die zuvor optimierten Bewegungen sich wieder verschlechtern. Auch die zunehmende Ermüdung der Muskulatur dürfte sicher nicht zu einem weiteren Ökonomisieren der Bewegung beitragen.
Fazit: Man kann also sehr wohl zu viel üben. An dieser Stelle fiel mir wieder ein Zitat der wunderbaren Laurie Frink ein: „Rest as much as you play„.
Quellen:
Altenmüller, Eckart: Hirnphysiologische Grundlagen des Übens, in: Mahlert, Ulrich (Hrsg.): Handbuch Üben. Grundlagen, Konzepte, Methoden, Wiesbaden 2006, S. 47-66.